Das Gericht der Europäischen Union (EuGH) hat entschieden, dass ein Kraftverkehrsunternehmen seine Verantwortung für die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten der Fahrer nicht ohne Weiteres auf Dritte abwälzen kann. Das Urteil in der Rechtssache C-155/22 stellt fest, dass eine nationale Regelung, die eine solche Übertragung der Verantwortlichkeit ermöglicht und dadurch die Zuverlässigkeit des Unternehmens sowie die Verhängung von Sanktionen gegen das Unternehmen verhindert, dem Unionsrecht widerspricht, so der Gerichtshof.

Der EuGH betont, dass das Unionsrecht von Verkehrsunternehmen verlangt, die Anforderungen an die Zuverlässigkeit zu erfüllen. Insbesondere dürfen weder das Unternehmen selbst, der Verkehrsleiter noch andere vom Mitgliedstaat bestimmte „maßgebliche Personen“ wegen schwerwiegender Straftaten verurteilt worden sein oder Sanktionen für schwerwiegende Verstöße gegen das Unionsrecht im Bereich der Lenk- und Ruhezeiten der Fahrer, der Arbeitszeit sowie des Einbaus und der Nutzung der Kontrollgeräte erhalten haben. Solche Urteile oder Sanktionen können zur Aberkennung der Zuverlässigkeit des Unternehmens und zum Entzug der Zulassung als Kraftverkehrsunternehmer führen.

Im konkreten Fall hatte ein österreichisches Kraftverkehrsunternehmen gemäß den nationalen Vorschriften eine „verantwortliche Beauftragte“ ernannt, die für die Einhaltung der Arbeitszeiten im Unternehmen verantwortlich war. Diese Person war weder Verkehrsleiterin noch befugt, das Unternehmen nach außen zu vertreten. Zudem hatte sie keinen maßgeblichen Einfluss auf den Geschäftsbetrieb des Unternehmens. Die verantwortliche Beauftragte legte Beschwerde gegen mehrere Geldstrafen ein, die von der Verwaltung aufgrund von Verstößen gegen die Vorschriften über die täglichen Fahrzeiten und die Benutzung des Fahrtenschreibers gegen sie verhängt worden waren.

Das österreichische Gericht übertrug der bestellten verantwortlichen Beauftragten die strafrechtliche Verantwortung für die Verstöße. Nach österreichischem Recht durfte das Verhalten dieser Person bei der Beurteilung, ob das Unternehmen die Anforderungen des Unionsrechts an die Zuverlässigkeit erfüllt, nicht berücksichtigt werden. Das österreichische Gericht äußerte Zweifel, ob eine solche Bestellung mit dem Unionsrecht vereinbar sei.

Der EuGH stellte in seinem Urteil fest, dass eine nationale Regelung wie die in Österreich die Zuverlässigkeit von Kraftverkehrsunternehmen und die Verhängung von Sanktionen gegen diese Unternehmen unter Verstoß gegen das Unionsrecht verhindert, obwohl die als „maßgebliche Personen“ geltenden Personen schwerwiegende Verstöße gegen das Unionsrecht begangen haben.

Die gegen diese Personen verhängten Urteile wegen schwerwiegender Straftaten und die verhängten Sanktionen würden „niemals zu einer Pr

Die gegen diese Personen verhängten Urteile wegen schwerwiegender Straftaten und die verhängten Sanktionen würden „niemals zu einer Prüfung der Zuverlässigkeit des betreffenden Unternehmens oder zu einer Berücksichtigung im Rahmen der Kontrollen führen, die von den zuständigen Behörden durchgeführt werden, um sicherzustellen, dass die Unternehmen, die als Kraftverkehrsunternehmer zugelassen sind, dauerhaft die Anforderungen des Unionsrechts erfüllen“.

Folglich führen solche Verstöße „unabhängig von ihrer Anzahl und Schwere niemals zur Aberkennung der Zuverlässigkeit und daher auch nicht zum Entzug oder zur Aussetzung der Zulassung als Kraftverkehrsunternehmer“.

Der EuGH verweist auf das Unionsrecht und kommt zu dem Ergebnis, dass „das Unionsrecht es einem Unternehmen untersagt, eine Person zum Verantwortlichen für die Einhaltung der Vorschriften des Unionsrechts über die Lenk- und Ruhezeiten der Fahrer zu bestellen und damit dieser Person die strafrechtliche Verantwortung für Verstöße gegen diese Vorschriften zu übertragen, wenn das nationale Recht nicht zulässt, dass diese Verstöße bei der Beurteilung, ob das Unternehmen die Anforderung der Zuverlässigkeit erfüllt, berücksichtigt werden“.

Das Urteil des EuGH macht deutlich, dass die Verantwortlichkeit für die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten der Fahrer nicht einfach auf eine Einzelperson abgewälzt werden kann. Es betont die Bedeutung der Zuverlässigkeit von Verkehrsunternehmen und dass Verstöße gegen das Unionsrecht angemessen geahndet werden müssen, um die Sicherheit auf den Straßen zu gewährleisten.

Das Urteil des EuGH hat möglicherweise Auswirkungen auf nationale Regelungen und Praktiken im Zusammenhang mit der Verantwortlichkeit von Unternehmen und Personen im Kraftverkehrssektor. Es stellt klar, dass die Verantwortung für die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten letztendlich beim Unternehmen selbst liegt und nicht einfach auf einen Einzelnen übertragen werden kann, um mögliche Sanktionen zu umgehen.

Es bleibt abzuwarten, wie die nationalen Gesetzgeber und Behörden auf dieses Urteil reagieren und ihre Regelungen entsprechend anpassen werden, um den Anforderungen des Unionsrechts gerecht zu werden. Die Sicherstellung der Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten der Fahrer sowie anderer Vorschriften im Bereich des Kraftverkehrs ist von entscheidender Bedeutung, um die Sicherheit auf den Straßen zu gewährleisten und faire Wettbewerbsbedingungen in der Branche zu schaffen.